Die Fahrt nach Kawaguchi

Es ist Zeit, von Ashikaga Abschied zu nehmen. Unsere netten Gastgeber fahren uns wieder zum Bahnhof. Zunächst bringt uns der Regionalzug nach Oyama. Dort steigen wir in den Shinkansen nach Tokyo um. Am Bahnhof von Tokyo wird es dann hektisch. Er ist riesig. Von überall strömen Menschenmassen. Das Gewimmel ist atemberaubend. Es gibt sehr viele Gleise und zwar auf verschiedenen Ebenen. Und viele Ausgänge. Der, den wir brauchen, scheint nicht dabei zu sein. Zum Glück spricht Masae die Landessprache. Die uniformierten Bahnangestellten sind ebenso höflich wie geduldig. Mit einigem Fragen finden wir den Südausgang dann doch.

Die Zugfahrt nach Kawaguchi würde vier Stunden dauern und wir müssten vier Mal umsteigen. Viel bequemer geht es mit dem Expressbus. Er bringt uns in zwei Stunden ans Ziel. Nach dem Ticketkauf bleiben uns noch 30 Minuten bis zur Abfahrt. Im riesigen Foyer eines Hochhauses neben unserem Busterminal trinken wir einen Kaffee. Dann gehe ich kurz nach draußen und sehe mich in wenig um. Hochhäuser und Straßenschluchten wohin ich auch sehe. Auf der gegenüberliegenden Seite der mehrspurigen Straße Leuchtreklamen und Shops. Der Verkehr ist lebhaft, die Menschen gehen schnell. Doch es ist anders als etwa in Frankfurt am Main. Auf den zweiten Blick zeigt sich der starke Sinn für Schönheit, der die japanische Kultur auszeichnet. In den Proportionen der Gebäude, in der Gestaltung ihrer Fassaden, in den kleinen grünen Oasen zwischen den Wolkenkratzern ist er zu spüren. Selbst die Kanaldeckel sind liebevoll gestaltet.

Diese typisch japanische Schönheit ist mir zum ersten Mal in einer Ausstellung des REM in Mannheim bewusst geworden. Es gab Artefakte aus der Geschichte Japans zu sehen - die üblichen frühzeitlichen Scherben und Gefäße. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unterschieden sie sich in nichts von denen anderer Kulturen. Doch dann brach die Schönheit herein, als sei ein Licht angeschaltet worden. Die Gefäße hatten plötzlich eine berührende Eleganz. Und diese Anmut der Formen ist bis heute geblieben.

Unser Bus ist da. Pünktlich fahren wir los. Es geht auf der Autobahn durch die Megametropole. Ein baumbestandener Park mit stattlichen Gebäuden gleitet links an uns vorbei. Der Kaiserpalast, sagt Masae. Auch nach 30 Minuten sind wir noch im Stadtgebiet. Die Bebauung will schier nicht enden. Unsere Mitreisenden sind überwiegend Touristen. Die "Goldene Woche" hat begonnen und unser Ziel, die Präfektur Yamanashi, ist bei einheimischen und ausländischen Gästen äußerst beliebt.

Plötzlich, nach einer langen Linkskurve sehe ich ihn zum ersten Mal, Japans heiligen Berg. Ein weißes Trapez schwebt im Ferndunst über den Bergen, unwirklich fast, wie ein Traumbild. Immer wieder gleitet der Fujiyama aus dem Blickfeld und erscheint wieder, je nachdem wie die Straße die Richtung wechselt. Schließlich schieben sich die Berge Yamanashis vor den Anblick.

Nachdem wir den letzten Pass überquert haben, taucht er wieder auf. Ein majestätischer, gleichmäßiger Kegel, das obere Drittel schneebedeckt. Nach und nach geben die Berge den Blick frei auf den riesigen Schichtvulkan. Mit 3736 Metern ist er mit Abstand der höchste Berg Japans. Das Land ringsum steigt von allen Seiten gleichmäßig in immer steilerem Winkel zum Gipfel an. Es ist weitgehend dicht bewaldet. Auf dem flacheren Teil des Kegels gibt einzelne kleinere Siedlungen und am Fuß des Berges größere Städte.
Die Schönheit des Fujiyama ist überwältigend. Die kommenden Tage werden wir uns im Zauberkreis der Berggöttin bewegen. Für Masae und mich ist klar, dass der Berg weiblich ist.

Die Fotos habe ich aus dem fahrenden Bus gemacht.

Kurz vor dem Ziel ist der Fuji schon ganz nah

Aus dem Bus fotografiert – das Bergland von Yamanashi

Kiefern und Bambus

Der Fuji in der Ferme

Bald sind wir da



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