Der erste Besuch am Kawaguchi-See

Das Fünf-Seen-Land in der Präfektur Yamanashi ist ein beliebtes Urlaubsziel für Gäste aus dem In- und Ausland. Die Seen Motosu, Shoji, Sai, Kawaguchi und Yamanaka liegen in einem Halbkreis am nördlichen Fuß des Berges Fuji. Dazwischen und dahinter liegen die zerklüfteteten Berge Yamanashis. Die Gegend ist Weltnaturerbe der UNESCO.

Hauptattraktion ist natürlich der Berg Fuji. Von Norden betrachtet erscheint sein mächtiger Kegel vollkommen gleichmäßig. Jetzt, Anfang Mai, liegt noch viel Schnee auf dem oberen Drittel des Bergs. Nach unten apern die Schneefelder bis zur Baumgrenze fingerförmig aus. Die Zone darunter ist dicht bewaldet. 

Für Menschen, denen die Schönheiten des Fujiyama und des Fünf-Seen-Landes nicht ausreichen, hat man nahe unserer Unterkunft bei der Bahnstation Fuji Highland einen großen Vergnügungspark gebaut. Jeden Morgen, wenn wir zur Bahn gehen, die uns nach Kawaguchiko bringt, stehen Menschen in langen Schlangen vor dem Eingangstor. Sie werden sich kurze Zeit später vor Vergnügen kreischend dem Nervenkitzel der gigantischen Achterbahnen, Karussells oder des Freifallturmes hingeben. 

Uns aber zieht es zum Kawaguchisee. Vom Bahnhof sind es nur wenige hundert Meter bis zum Ufer. Es ist ein schöner Ort. Der See ist klar und bis auf die Südseite, wo die Stadt liegt, von bewaldeten Bergen umrahmt. Einzelne Motorboote fegen rasant über das Wasser, etwa zehn Tretboote, meist im passenden Schwandesign und in teilweise unpassenden Farben, schwimmen auf dem See. Am gegenüberliegenden Ufer stehen größere Hotels. Hier, auf der Stadtseite, gibt es eine Promenade mit Restaurants und Souvenirläden und die schon erwähnten Bootsverleihe. Und hier steht die Talstation der Seilbahn auf den Katchi-Katchi-Berg. Dort wollen wir morgen hinauf.

Heute Nachmittag gehen wir die Uferpromenade entlang, genießen das sonnige Wetter und die herrliche Landschaft ringsum. Eine große Skulptur von Japans berühmten Bildhauer Seibo Kitamura steht am Ufer. Zwei weibliche Figuren, die rechte kopfunter, symbolisieren die Kräfte Jin und Yang. Sie umarmen eine Art großen Krug, der den Kawaguchisee darstellt. Der 100-Jährige stellte die Plastik in seinen beiden letzten Lebensjahren her. Die Tafel neben der Plastik erzählt weiter, dass der Künstler so begeistert von der Schönheit des Sees und der Landschaft war, das sein letztes Werk gewissermaßen ein Geschenk für hier empfundenes Glück sei. Das ist in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewesen. Es muss die Hochblüte Kawaguchis gewesen sein. Ich sehe vor meinem inneren Auge die überfüllte Promenade und lange Menschenschlangen vor den vielen Bootsverleihen entlang der östlichen Bucht des Sees. 

Seitdem ist viel geschehen. Die Schönheit des Sees und der Berge ist gleich geblieben. Doch es kommen viel weniger Menschen an die Seepromenade. Nur drei der sechs Bootsverleihe sind aktiv, die alten Männer, die sie betreiben, haben wenig zu tun. Es erinnert hier teilweise an bestimmte Orte im Schwarzwald, die in der 80er Jahren blühten und nun ebenfalls welken.

Auf dem Weg zurück zum Bahnhof sehen wir dann auch immer wieder Läden, die ihre Türen nie mehr öffnen werden. Die, die noch aktiv sind, werden zumeist von freundlichen älteren Herrschaften betrieben. Die jungen Leute zieht es mit Macht in die Metropolen. Wir kommen an alten  verlassenen Wohnhäusern vorbei. Der kleine Hof ist ordentlich aufgeräumt, doch die Fenster sind blind. Der Reisstrohbesen steht neben der Schiebetür. Die Hand, die ihn hier ein letztes Mal hinstellte, ist längst kalt. Japan hat auch ein gewaltiges demografisches Problem.


Der Berg am Abend vom Parkplatz eines Supermarkts

Der Vergnügungspark Fuji Kyu HIghland
Besucher warten auf den Einlass
An der Seepromenade
Alle meine Schwänchen...
Skulptur von Seibo Kitamura
Die Seepromenade mit Blick auf das Nordost-Ufer
Der Katchi-Katchi-Berg mit der Seilbahn










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