Der Markt Heiwa Dori in Naha


Eingang zum Marktviertel Heiwa Dori

Ein Labyrinth aus Straßen...

... Gassen...

... und Gässchen.

Einen Ort auf Okinawa möchte ich unbedingt wieder sehen. Es ist das alte, überdachte Marktviertel um die „Heiwa Dori“, die Friedensstraße. Ich weiß nicht genau, was mich an solchen Märkten fasziniert. Vielleicht ist es die ungeheure Vitalität, die an diesen Orten zu spüren ist. Wenn immer ich mich für ein paar Tage in einer Stadt aufhalte, versuche ich den zentralen Markt ausfindig zu machen und zu besuchen. Am liebsten sind mir dabei Markthallen oder überdachte Passagen. Obwohl jeder einzelne dieser großen Märkte seine ganz eigene Atmosphäre hat, gibt es noch etwas Gemeinsames. Große Märkte sind nicht nur ein Umschlagplatz für Waren, sondern auch für Neuigkeiten. Sie sind sozialer Ort, aber auch etwas, das von der Anonymität des Massentourismus und des Internetshoppings bedroht ist. 

Als ich in Frankfurt wohnte, hatte ich verschiedene schöne Markterlebnisse. Die Frankfurter Kleinmarkthalle ist bis heute einer meiner Lieblingsplätze. Wenn ich mich niedergeschlagen fühle, brauche ich nur einmal von einem Ende bis zum anderen zu gehen, und alle Schwermut fällt von mir ab. In meinen früheren Jahren jobbte ich kurze Zeit als Hilfskraft im alten Frankfurter Großmarkt. Bereits vor fünf Uhr in der Früh schleppte ich für einen Gemüsehändler Kisten mit Gemüse und Salat zu den Lieferwagen der Kunden. Die Atmosphäre war in den einzelnen Abteilungen sehr unterschiedlich. In der Obst- und Gemüseabteilung waren die Leute laut und lustig, wie eine Horde Affen; wenn ich aber in die Blumenabteilung kam, so schienen dort eher Engel oder Elfen zu arbeiten, so still und feierlich war es dort.

Heiwa Dori ist ein alter und über weite Strecken noch sehr ursprünglicher Markt, ein verwirrendes Labyrinth überdachter Straßen und Gassen, teils hell erleuchtet, teils etwas schummrig.

Während Masae sich auf den Weg macht, um Geschenke zu kaufen, streife ich mit der Kamera umher. Auch hier sind die Veränderungen spürbar. Gegenüber meinem letzten Besuch vor sieben Jahren sind viel mehr Touristen unterwegs. Entsprechend mehr Kitsch wird angeboten. Dafür fehlen einige der Geschäfte für traditionelle Kimonos. Die Händlerinnen und Händler sind älter geworden, es gibt auch unübersehbaren Leerstand. Doch die einzelnen Abteilungen florieren im großen Ganzen recht gut.

Ein Grund für rückläufige Geschäfte in Heiwa Dori auch sind die neuen Shoppingpaläste – gewaltige Einkaufszentren, ansprechend gestaltet, voll klimatisiert und mit den angesagtesten Marken. Eines der größten haben wir mit Masaes Bruder Masakazu besucht. Das Grundstück war seit Ende des 2. Weltkrieges von den Amerikanern gepachtet gewesen und wurde als Parkplatz genutzt. Nachdem die US-Armee den Platz im Ortsteil Kitanakagusuku nicht mehr brauchte, kaufte ein japanischer Einzelhandelskonzern den ursprünglichen Besitzern das freigewordene Gelände ab. Das Unternehmen AEON weist in seiner Bilanz einen Umsatz von knapp 57 Milliarden Yen aus, das entspricht etwa einen halben Milliarde Euro. Die 2015 eröffnete Rycom AEON-Mall ist vier Stockwerke hoch. Auf 78.000 qm haben sich rund 235 Geschäfte eingemietet. Im Erdgeschoss lockt ein riesiges Seewasseraquarium die Besucher an. Die Gourmetabteilung ist das Wirklichkeit gewordene Schlaraffenland.

Ein noch größeres Shoppingcenter ist geplant, erzählte Masakazu, mit einem großen Hotel über den Einkaufsetagen. Dann brauchen die Besucher aus China, Korea und Taiwan das Shoppingcenter gar nicht mehr zu verlassen und können ihren gesamten Urlaub in vertrauter Einkaufs-Umgebung verbringen.

Aber zurück zur Heiwa Dori. Man findet auf diesem großen alten Markt alle landestypischen Spezialitäten, wie etwa den ausgezeichneten Awamori – einen sehr milden Reisschnaps, traditionelle Textilien wie die farbenfroh bedruckten Bingata- und die gemusterten Minsa-Stoffe die auf den südlichen Yaeyama-Inseln von Hand gewebt werden. Zudem muss man als ausländischer Besucher unbedingt ein Paar „Shisaa“ mitnehmen. Das sind Figuren von zwei Schutzgeistern, die das Haus vor bösen Einflüssen bewahren sollen, weshalb man sie am besten vor der Haustür aufstellt – etwa auf den Pfosten der Gartenmauer. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Pekinese und Löwe.

Shisaa – gute Hausgeister aus Okinawa

Spirituosen aus Okinawa


Krustentiere

Bunte Fische und frische Muscheln



Ich halte mich länger in der Fischabteilung auf. Die Händler bieten lebende Krabben, Bärenkrebse und Langusten, Muscheln aller Arten, und eine unübersehbare Zahl an fangfrischen Fischen an: Türkis-blaue Papageienfische, bunt gemusterte Barsche, Meerbarben und -brassen, Makrelen und viele andere Fische, deren Namen ich nicht kenne. Und die Geschäfte laufen gut.

Die traditionelle Küche Okinawas ist von China beeinflusst und kennt viele Gerichte mit Schweinefleisch; Schweinsfüße mit Miso und Seetang sind eine beliebte Spezialität. Entsprechend groß ist die Fleischabteilung – optisch allerdings nicht ganz so attraktiv. 

Sehr beliebt: Schweinefüße

Aus der Obstabteilung

Keine Ahnung, was das ist – sieht aber lecker aus!

Das Restaurant Hanagasa – Blumenhut


Bei den Obst- und Gemüsehändlern ist alles im Angebot alles, was Essbares auf den Inseln wächst. Etliche der Früchte und Gemüse kenne ich noch nicht, andere – wie etwa die Bittergurke Goya – mag ich nicht. Früher hat Masaes Mutter den Händlern Taro verkauft, die Knollen gelten als Delikatesse und erzielen auch heute noch gute Preise. Anschließend gingen Masae und ihre Mutter in das Restaurant „Hanagasa“, benannt nach dem traditionellen Blumenhut Okinawas. Nachdem Masae ihre Einkäufe beendet hat, treffen wir uns dort und führen die Tradition der Familie Higa fort, im Hanagasa zu essen.

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